Die Verschwörung der Moiren

Nebelschwaden zogen vom Flussufer die verwilderte Böschung hinauf. Auf dem Rasen hinter den Apfelbeeren sanken sie zu einer dünnen Schicht zusammen. Durch diesen Nebelteppich pflügte sich die Spinne, geradewegs auf Atropos und Lachesis zu. Der kalte Dunst wand sich an ihren weißen Gewändern empor. Unter dem zarten Stoff zeichneten sich ihre hageren Körper ab. Lange silbrig-weiße Haare, fein wie Spinnweben, umrahmten ihre fahlen Gesichter.
Unmittelbar vor ihnen erhob sich Klotho in ihrer menschlichen Gestalt. Sie war kleiner als ihre Schwestern. Sonst glichen sich die drei vollkommen, fast durchscheinend und farblos wie der Nebel.
»Es wäre besser, wenn sie stirbt«, zischte Atropos, die Größte. »Setzt sie den Aitialith ein, ist unsere Macht dahin.« Ihre eisblauen Augen blickten ungerührt zum offenen Fenster.
»Das haben wir doch schon geklärt«, fuhr Klotho ihre Schwester an. »Es ist nicht nötig, Zoe zu töten. Wir müssen sie nur daran hindern, den Aitialith zu benutzen.«
»Das ist zu unsicher.«
»Der Kodex …«
»Immer schiebst du den Kodex vor. Diese Regeln sind vollkommen übertrieben. Erhält sie den Aitialith, kommt alles heraus.«
»Es reicht!«, fuhr Lachesis dazwischen. »Wir werden sie im Auge behalten. Sobald der Aitialith auftaucht, holen wir ihn uns.«

The Norns vanish
Die Nornen entschwinden von Arthur Rackham (1867-1939) in Richard Wagners „Siegfried and the Twilight of the Gods“, William Heinemann, London, 1911.

Beitragsbild: A Golden Thread, John Melhuish Strudwick (1849-1937)

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